RAUS AUS DER HOCHSCHULE – HINEIN IN EINE BESSERE WELT 23/1

Editorial: Raus aus der Hochschule – hinein in eine bessere Welt!

Von Lina-Marie Eilers, Hendrik Küpper, Laura Clarissa Loew


Chat-GPT: Ein Grußwort von Karl Max

Von Karl Marx (Chat-GPT)

Während einer langen Redaktionssitzung der «Jungen Perspektiven» am 6. Mai  diesen Jahres in einer Wohnung in BerlinMitte fiel dem Redaktionsteam auf, dass noch ein wichtiger Punkt in unserer aktuellen Ausgabe fehlte – ein feierliches Gratulationsschreiben zum 50. Jubiläum der Juso-Hochschulgruppen. Und wer könnte dafür prädestinierter sein als der Vater der ArbeiterInnnenbewegung höchst selbst? Da dieser schon vor über 140 Jahren das Zeitliche gesegnet hat, haben wir uns dabei ein bisschen Hilfe aus der Gegenwart geholt. Auf die folgende Weise stellt sich Chat-GPT vor, dass Karl Marx den Juso-Hochschulgruppen gratuliert hätte: …


Juso-Hochschulgruppen von 1973 bis 1990 – Aufbrüche und Wegmarken

Von Martin Gorholt und Malte Ristau

Der 18. März 1973 kann als das Gründungsdatum der Juso-Hochschulgruppen angesehen werden. Es trafen sich in Saarbrücken die ohne überregionalen Bezug entstandenen Juso-Hochschulgruppen Uni Saarbrücken, Uni Gießen, Uni Hohenheim, Uni Hannover und Uni Köln. Die Hochschulgruppen hatten sich eher zufällig im Jahr zuvor auf der Mitgliederversammlung des Dachverbandes der Deutschen Studentenschaften kennengelernt und einen Austausch zum weiteren gemeinsamen Vorgehen verabredet. Willy Brandt war noch Bundeskanzler und die sozialliberale Koalition beeindruckte noch durch reformerischen Elan. Das waren gute Ausgangsbedingungen für die neue Kraft an den Hochschulen. …


Politik lernen bei den Juso-Hochschulgruppen: Inhalte, Engagement, Organisation

Von Kerstin Griese

Den Juso-Hochschulgruppen habe ich viel zu verdanken. Es war eine wunderbare Zeit, in der mein politisches Engagement an der Uni, in der Fachschaft und im AStA sowie bei den Juso-Hochschulgruppen auf Landes- und Bundesebene zum Lebensmittelpunkt wurde. Es war eine Mischung aus Aktionen, vielen inhaltlichen Diskussionen, sich Ausprobieren. Das Engagement bei den Juso-Hochschulgruppen hat eine ganze Generation von Aktiven in der SPD geprägt. Frühe Verantwortungsübernahme in Gremien der Hochschulen, parlamentarische Erfahrung in Studierendenparlamenten, leidenschaftliche inhaltsreiche Debatten über den richtigen (linken) Weg und Organisations- und Leitungskompetenz waren überaus nützlich für spätere politische Tätigkeiten. Von kritischer Wissenschaft bis zu Veranstaltungsorganisation, von Wahlkampf bis Gremienarbeit, von Feminismus bis ökologischer Verantwortung, von Sitzungsleitung bis zu Haushaltsaufstellung war alles dabei. Sogar die Geschäftsordnung des Bundestages spielte eine Rolle, wenn es in nächtlichen Studierendenparlamentssitzungen nicht mehr weiter ging und ich als Parlamentspräsidentin die Bundestagregularien zitierte, nach denen es im Zweifel immer weiter geht. …


Feminismus und Finanzen – der Einfluss der Hochschulpolitik auf mein politisches Leben

Von Wiebke Esdar

«Für das Leben lernen wir, nicht für die Schule.»  Wie viel Wahrheit in diesem Satz steckt – das wäre wohl einen eigenen Artikel an anderer Stelle wert. In den nächsten Zeilen soll es darum gehen, wo wir am besten für ein Leben in der Politik lernen: In der Hochschulpolitik. …


Was haben die Juso-Hochschulgruppen je für uns getan? – Über die gesellschaftliche Relevanz meines Lieblingsverbandes ein subjektiver Glückwunsch

Von Alexandra Ortmann

In Monty Pythons «Das Leben des Brian» diskutiert eine Gruppe von Revolutionären, was die von ihnen nicht besonders geschätzten Römer je für sie getan hätten. Natürlich nichts, darum müssen sie ja auch weg! Trotz allem kommt man zu dem Schluss: Das Leben ist durch die Römer so ganz praktisch an vielen Stellen besser geworden.

Wer im AStA oder dem Bundeskoordinierungstreffen Tage und Nächte über «Bildung im Kapitalismus» und Herrschaftsverhältnisse diskutiert hat, erkennt sofort, dass diese anekdotische Herleitung natürlich vollkommen schief ist. Die Hochschulgruppen sind nicht der übermächtige Besatzer der Hochschulen – davor bewahrt uns schon die professorale Mehrheit. Oftmals sind die HSGler*Innen eher mit dem Streit beschäftigt, ob sie nun die judäische Volksfront oder die Volksfront von Judäa sind (meistens beides). Sei’s drum – was haben also die Hochschulgruppen je für uns und die Gesellschaft getan? …


Demokratischer Sozialismus – Wieso, weshalb, warum?

Von Christian Krell

Als Olaf Palme in einer schwedischen Wahlkampfsendung 1982 gefragt wurde, ob er tatsächlich ein demokratischer Sozialist sei, spürte man, wie intensiv er selbst über diese Frage nachgedacht hatte:

„Ich bin ein demokratischer Sozialist, mit Stolz und mit Freude. Zu dieser Überzeugung bin ich gelangt, als ich in Indien reiste und die schreckliche Armut sah, die sich mit dem unermesslichen Reichtum mischte; als ich in den Vereinigten Staaten reiste und in mancher Hinsicht noch demütigendere Armut sah; als ich als junger Mann Auge in Auge mit der kommunistischen Versklavung und der Unterdrückung und unmenschlichen Verfolgung in den kommunistischen Staaten konfrontiert wurde. Und als ich in die Konzentrationslager der Nazis kam und die Todesliste von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern sah.“

Die Anfänge dieser Idee liegen weit zurück. Sie können mit der Französischen Revolution von 1789 und der Philosophie der Aufklärung in Verbindung gebracht werden. Und Bausteine dieser Idee taugen immer noch für Zukunftsentwürfe. In diesem Beitrag soll die Idee des demokratischen Sozialismus skizziert werden. …


„Ökosozialismus“ – keine neue Debatte, aber von neuer Aktualität

Von Klaus-Jürgen Scherer

Eigentlich sollte meine Generation in Sack und Asche gehen. Zwar haben wir Jahrzehnte des Ringens um vielfältige umweltpolitische Verbesserungen hinter uns. Doch entgegen klarer Erkenntnisse ab etwa Mitte der 1970er Jahre, dass der wachstumsfixierte Industriekapitalismus unsere Erde ruiniert, wurde der notwendige Pfadwechsel hin zu einer „Ökonomie des Vermeidens“3, hin zu Kreislaufwirtschaft und zur Nachhaltigkeitsgesellschaft, immer wieder auf die lange Bank geschoben. Was uns jetzt, wo für eine rechtzeitige ökologische Wende die Frist abläuft, massiv auf die Füße fällt. …


Aus der Kritik der alten Welt die neue finden: Sozialismus als Grundwert der Juso-Hochschulgruppen

Von Thekla Mühlpfordt

Sozialismus, Feminismus und Internationalismus. Diese drei Grundwerte prägen die Arbeit und das Selbstverständnis der Juso-Hochschulgruppen seit ihrer Gründung. Seit 50 Jahren kämpfen sie auf dieser Grundlage für die Welt der Freien und Gleichen und setzen sich für eine soziale, emanzipatorische und progressive Bildungs- und Gesellschaftspolitik ein. Nicht nur an den Hochschulen, sondern auch in der Partei und auf der Straße stellen die Juso-Hochschulgruppen bestehende Verhältnisse kritisch in Frage.

50 Jahre jungsozialistische Hochschulpolitik sollen nun zum Anlass genommen werden, zurückzuschauen, aber auch einen utopischen Überschuss sowie konkrete Visionen für die nächsten 50 Jahre zu generieren: Diskussionsanstöße für hochschul- und gesellschaftspolitische Ideen, sowie grundsätzlich für den Diskurs innerhalb der Partei und der gesellschaftlichen Linken. Dieses Jubiläum soll auch dazu dienen, sich von der tagespolitischen Realität zu lösen und die jungsozialistische Analyse der bestehenden Verhältnisse im Ganzen zu betrachten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, soll der Text einen Überblick über die sozialistischen Diskussionen innerhalb der Juso-Hochschulgruppen geben. …


Wohnen als soziale Frage

Von Lea-Marie Neufeld 

Die Wohnungsfrage ist seit langem ein wichtiger Bestandteil der politischen Debatte und wird in den letzten Jahren immer virulenter – und das besonders auch für Studierende. Es geht nicht mehr nur um Berlin, in dem Schlangen für Wohnungsbesichtigungen um den ganzen Block reichen oder Anzeigen wie «ein Zimmer 10qm² für 650€» kein schlechter Witz mehr sind. …


Gegen das Beharren auf Binarität – Warum Materialismus nicht Transfeindlichkeit bedeutet

Von Koschka Linkerhand

Bisher hatte ich nicht vor, einen Text zu schreiben, der die Debatte um Transsexualität ins Zentrum stellt. Ich bin keine Expertin in Transgender-Fragen. Mein feministisches Erkenntnisinteresse rankt sich um verschiedene Lebensrealitäten von Frauen und Mädchen und streift das Thema Geschlechtstransgress mit der lesbischen Flanke. Dennoch werde ich, wie viele feministische Autor*innen, Referent*innen, Gruppen und Institutionen, immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert, entweder trans Menschen abgrundtief zu hassen und auslöschen zu wollen – oder aber einem angeblich übermächtigen Transaktivismus verpflichtet zu sein, der den Kampf um Frauenrechte untergrabe. Die Drastik der Kontroverse, die über einen innerfeministischen Streit hinausreicht, macht es unmöglich, keine Stellung zu beziehen, sich in Ruhe eigenen Themen zu widmen und nicht zu viel ins Internet zu gucken, wo die Shitstorms gegen Transaktivist*innen wie auch sogenannte TERFs toben. Die Fronten sind enorm verhärtet. …


Über die Notwendigkeit, weiter Tinte im Feminismus fließen zu lassen

Von Lina-Marie Eilers

«In der Debatte über den Feminismus ist genug Tinte geflossen. Jetzt ist sie nahezu abgeschlossen: reden wir nicht mehr darüber. Es wird aber doch weiter darüber geredet, und es sieht nicht so aus als [wäre] das Problem geklärt»1 – Mit diesen Worten eröffnet Simone de Beauvoir ihr Werk Das andere Geschlecht, welches in vielen Kreisen beinahe als die Bibel des Feminismus bezeichnet wird, oder eben mindestens so stark verehrt wird. Gleichwohl ihr Zitat bereits 74 Jahre alt ist, lässt sich die Aktualität dessen im Kontext der jungsozialistischen Hochschulgruppen keineswegs von der Hand weisen: Der feministische Grundwert unseres Verbandes ist unerlässlich, wenn auch zugleich seine inhaltliche Ausgestaltung umstritten und leidenschaftlich debattiert wird. …


Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt an Hochschulen – Warum gerade jetzt feministische Hochschulen notwendig sind!

Von Sabrina Osmann, Clara Schüssler

Lange wurde über Missbrauchsfälle an Hochschulen geschwiegen. In den letzten Jahren wurden jedoch immer mehr Fälle von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt an Hochschulen publik. Allein seit Beginn des Jahres wurden so viele Fälle an Hochschulen in ganz Deutschland bekannt, dass die Notwendigkeit der Skandalisierung sexualisierter Gewalt an Hochschulen nicht mehr von der Hand zu weisen ist! …


Aus der Kritik der Geschichte unseren Internationalismus finden – Internationalismus als Grundwert der Juso-Hochschulgruppen

Von Johanna Liebe

Es gibt wohl selten ein so legendären und wahrscheinlich zumindest den Leser*innen dieser Ausgabe nicht sehr unbekannten Dreiklang, wie der, der die inhaltlichen Werte unseres Verbandes darstellt: Sozialismus, Feminismus und Internationalismus.

Während wahrscheinlich einigen von uns Sozialismus-Debatten, in denen sich auf Marx und Engels bezogen wurde, nicht ganz unbekannt sind und auch die unterschiedlichen Wellen des Feminismus vielen ein Begriff sind, bleibt in studentischen Kreisen eine theoretische Auseinandersetzung zu unserem dritten Grundwert jedoch oft auf der Strecke. Man mag gar meinen, dass heutzutage versucht wird, unser internationalistisches Grundverständnis durch Europa-Flaggen in Instagram-Biografien oder durch das Singen der Internationalen gegen Mitternacht umfänglich abzudecken.

Um diesem unzureichenden Versuch entgegenzuwirken, soll dieser Beitrag für einen stärkeren, inhaltlichen Stellenwert von internationalistischer Theorie sowohl aus historischer als auch aus aktueller Perspektive plädieren und gleichzeitig diesen im Kontext unseres Verbandes einordnen. …


Internationalismus ohne Osteuropa? Wieso linke Kräfte gut daran tun, osteuropäische Perspektiven wahrzunehmen

Von Laura Loew

Universitätsinstitute, die sich auf historischer, kulturwissenschaftlicher oder linguistischer Ebene mit Osteuropas Sprache, Geschichte und Gesellschaft auseinandersetzen, stellen üblicherweise eigene Biotope dar, in deren Gänge sich selten andere VertreterInnen der jeweiligen Fachdisziplinen verirren. Aber genau wie viele andere gesellschaftliche Bereiche sind auch diese Mikrokosmen mit der Ausweitung des russischen Angriffskrieges auf das gesamte ukrainische Territorium sozusagen implodiert. In letzter Minute geplante Vorlesungen zur Geschichte der Ukraine, deren HörerInnenzahlen wenn nicht ganz die Marke von Einführungsveranstaltungen in Maschinenbau erreichen, so doch fachinterne Rekorde brechen, reihenweise Meinungsbeiträge in deutschen Leitmedien, die zuvor vereinzelten Fachkoryphäen vorbehalten waren, und die auf einmal freiwerdenden Finanzmittel, die Universitätsleitungen nun fast bereitwillig zur Verfügung stellen, sind nur einige Anzeichen dieser plötzlichen Popularität. Und nun ist es selbstverständlich müßig, sich über die Funktionsweisen von Aufmerksamkeitsökonomie zu echauffieren, über das Kaputtsparen der Osteuropaforschung an deutschen Hochschulen, oder gar die Leier zu bemühen, dass OsteuropaexpertInnen schon vor Jahren vor genau diesem Szenario gewarnt hätten. Es lohnt jedoch, nochmal einen Blick darauf zu werfen, wie die deutsche Wissenschaft und Politik, besonders auch sozialdemokratische und progressive Stimmen, in den letzten Jahren über Osteuropa diskutiert haben, diese Debatten mit Diskursen in den Ländern selbst abzugleichen und schließlich abzuwägen, wie sich diese Diskussion produktiv weiterentwickeln kann. …


Wider den deutschen Ungeist – Juso-Hochschulgruppen und der Kampf gegen Antisemitismus: Eine Polemik

Von Carl Julius Reim

«Der Antisemitismus wird nicht immer wahrgenommen, wenn man nicht von ihm betroffen ist. Wer ihn aber hört, für den ist er wie ein Peitschenknall direkt über dem Ohr, wie ein Gewehrlauf im Nacken, wie ein Tritt in den Bauch mit metallbeschlagenem Stiefel.»1

Als Grundwerte schreiben sich die Juso-Hochschulgruppen Sozialismus, Feminismus und Internationalismus auf die roten Fahnen. In der politischen Praxis gehört jedoch mindestens noch ein vierter Grundwert in diese Reihe: Der Kampf gegen jeden Antisemitismus. Dieser Kampf wurde weder durch die  Besiegung des deutschen Nationalsozialismus beendet noch ist ein solches Ende absehbar. Vielmehr bleibt die Auseinandersetzung mit Antisemitismus grundlegend für einen Verband, der seinem emanzipatorischen Selbstverständnis genügen will. …


Gute Arbeit an Hochschulen – Wie die deutsche Studierendenschaft das Arbeitskämpfen lernt(e)

Von Jan Diers

Die Geschichte der Studierendenbewegung ist eine Geschichte vieler Kämpfe: Selbstbestimmung,Selbstverwaltung und   soziale Gerechtigkeit – die Liste ließe sich lange fortsetzen. Gerade der Arbeitskampf allerdings spielte dabei eher eine Nebenrolle, trotz aller Solidarität mit diversen Streiks anderer Branchen und natürlich mit den Beschäftigten der Hochschulen. Das hat sich in den letzten Jahren allerdings geändert und damit wurde ein neues Kapitel im Geschichtsbuch der studentischen Kämpfe aufgemacht: Das Ringen um den ersten bundesweiten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte hat begonnen und könnte schon in diesem Herbst in die heiße Phase gehen. Der Weg dahin war und ist geprägt von Widerständen, Etappensiegen und dem immerwährenden Versuch, ein prekäres System zu verstehen und zu verändern. …


Kritische Wissenschaft? – Wie das Projekt einer politische Epistemologie gelingen kann

Von Lukas Thum 

Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie eine jungsozialistische Perspektive auf das Verhältnis zwischen Wissenschaften und Gesellschaft aussehen kann, welche Fragestellungen aufkommen und wie wir versuchen können, sie zu beantworten. Dabei ist es zum einen wichtig, keine Utopie zu erfinden, sondern Wissenschaft in aktuellen gesellschaftlichen Kontexten zu denken. Daher soll im ersten Schritt (1) der Raum zwischen den Polen der Wissenschaftsleugnung und der Wissenschaftsverklärung, in dem diese Frage verhandelt wird, abgesteckt werden. Hieraus ergeben sich bestimmte Problemstellungen die vor allem mit einem idealistischen und ahistorischen Verständnis von Wissenschaft einhergehen. Dagegen sollen (2) Motive aus der feministischen Epistemologie skizziert werden, die um die Frage der Materialität und Objektivität von Wissenschaft kreisen. Anschließend sollen (3) die Konsequenzen dieser Motive für ein realistisches Bild der Wissenschaften beschrieben werden. Abschließend (4) möchte ich Möglichkeiten aufzeigen, wie Jungsozialist*innen unter dem Begriff der politischen Epistemologie hier ein Projekt starten können, Wissenschaft und Gesellschaft, Erkenntnis und politische Praxis zu aktualisieren, kritisch zu denken und emanzipatorisch zu transformieren. …


Kritische Wissenschaft in Zeiten der Klimakatastrophe

Von Moritz Stockmar

Auch im Frühjahr 2023 überschlagen sich die Nachrichtenmeldungen bezüglich der Klimakatastrophe. Jeden Tag wird man auf Kämpfe um Wasser in verschiedensten Teilen der Welt, Naturkatastrophen, wie beispiellose Waldbrände oder Überschwemmungen, oder Hitzewellen in Südasien, bei denen teilweise tödliche wet-bulb Temperaturen erreicht werden, aufmerksam. Diese Nachrichtenlage, die sich schon länger beobachten lässt, wird in Deutschland von der üblichen Bürokratie kontrastiert: Am 17. April 2023 veröffentlicht der «Expertenrat für Klimafragen» den «Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2022» gemäß § 12 Abs. 1 Bundesklimaschutzgesetz. …


Akademisierungswahn oder -segen? – Zum Verhältnis von Anpassung und Ideologie

Von Leonie Bode, Leo Buddeberg

Im vergangenen Jahr hatten wir die Möglichkeit, einen Arbeitskreis der Juso-Hochschulgruppen zu dem Themenkomplex ‹Akademisierung und unser Bildungsideal› anzuleiten. Im Rahmen dessen entwickelten wir einen neuen Ansatz, um das vielfältig diskutierte Thema der Akademisierung mit einem jungsozialistischen Bildungsideal zu verbinden. Dieses Ergebnis, das auf dem Bundeskoordinierungstreffen ‘22 beschlossen wurde, soll hier in seiner Grundidee dargestellt werden.


Wichtiger denn je? Anmerkungen zum Verhältnis von politischer Bildung und digitaler Transformation

Von Nils Quentel

„Unsere Gesellschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch, der durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche getrieben wird. […] Diese Veränderungen sind keine festgeschriebenen Entwicklungen, sondern gesellschaftlich und politisch gestaltbar.“
(Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung, 2022)

Digitalisierung – Digitale Transformation – Datafizierung – Digitalität: Wie man das Phänomen auch benennen mag, der Siegeszug von Datenprozessen in diverse Felder unserer Gesellschaft ist nach wie vor in aller Munde. Dabei ist der zugrundeliegende Prozess, das Datafizieren bzw. Digitalisieren – „„the rendering of social and natural world in machine-readable digital format“ (Williamson, Bayne & Shay 2020: 351), unverändert. Was sich verändert hat, ist die Skalierung, die Verfügbarkeit und natürlich die Rechenleistung, die sich im Rekordtempo weiterentwickelt. …


Die Vermessung der Welt – Metriken verzwergen die Wissenschaft

Von Ralf Ludwig, Kira Ludwig

«Die Vermessung der Welt», so heißt der Roman des Schriftstellers Daniel Kehlmann. Das Buch handelt vom Leben der berühmten Wissenschaftler Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß. Kehlmann beschreibt darin die unterschiedlichen Weltbilder der beiden großen Forscher, aber auch ihre Gemeinsamkeiten beim Streben nach Erkenntnis. Beide Genies, der eine als Naturforscher, andere als Mathematiker und Geodät, wollten die Welt auf ihre eigene Weise vermessen. …